Also ich denke, wenn ich nicht so viel arbeiten kann oder will, dann kann es die Rebe auch nicht. Eigentlich tut sie mir leid, weil sie kann nicht weg, oder sich in den Schatten stellen. Was ist, wenn sie Schaden nimmt? Wenn die noch jungen, bilderbuchartig verblühten Trauben einen Sonnenbrand bekommen? Da sollten wir schon helfen. Zuerst einmal arbeiten wir früh morgens oder spät abends. Nicht nur um unseren verwöhnten Luxuskörper zu schonen, sondern auch um die Rebe nicht zu schockieren. Mit kalter Spritzbrühe auf die erhitzen Blätter zum Beispiel. Oder mit einem brutalen schneiden der Triebe, das könnte sie erschrecken. Wir walzen oder schneiden das Kraut zwischen den Reihen, damit niemand ihnen das bisschen Wasser noch wegsäuft.
Es könnte mal wieder regnen! Diese Frage treibt uns auch Schweißperlen auf die Stirn. Ja, so ist es mit der Natur. Da kannst du nur unterstützen, nicht eingreifen. So ist es auch mit den Weinen. Da haben wir einen Sauvignon blanc fumé. Im letzten Jahr ein Renner. Gigantisch im Geschmack, fast wie einer aus Frankreich. Vor wenigen Tagen haben wir den neuen abgefüllt. Als wir ihn aus dem kleinen Faß geholt haben waren wir uns einig. Gigantisch, wie der letztjährige. Dann kam er in die Flasche. Erste Probe! Erstaunen! Der war auf einmal ganz anders. Kein Vanilleton mehr mit Hollunder. Und was wir sonst noch alles gewohnt waren. Nein! Apfel, Birnenkompott, Maracuja und was sonst noch alles. Und das allerschlimmste: der feine Vanilleton vom Holz ist weg. Was ist da geschehen? Na ja, wir bleiben gelassen und warten ab. Wir wollten uns ja sowieso nicht zu sehr bewegen. Vielleicht besinnt er sich ja eines besseren und kramt mit der Zeit den alten Geschmack wieder raus.
Da soll mal einer sagen, bei dieser Hitze bewegt einen Winzer nichts. Wenn dem so ist, bin ich kein richtiger Winzer, denn wie sie sehen: Fragen über Fragen